Donnerstag, 21. März 2013

Kapitel 4: Traum

Ich holte meinen Schlüssel hervor und schloss die Tür auf. Tom hielt mich immer noch fest. "Mir geht's gut", sagte ich und trat meine Schuhe an der Fußmatte ab. "Wir messen erstmal den Fieber", sagte er ruhig. Etwas schnaubend trat ich ein und streifte meine Stiefel ab. Meine Haare waren vom Schnee nass. Tom half mir, meine Jacke auszuziehen und ließ mich endlich los. Ich strich mir meinen Pony nach hinten. Tom zog seine Schuhe und den Mantel aus. Ich ging die Treppe hoch und er folgte mir. Im Badezimmer waren Handtücher und ein Fieberthermometer. Ich klemmte das Thermometer unter meinem Pulli in meine Achselhöhle und trocknete mir ein bisschen meine Haare. Als das Thermometer piepte zog ich es hervor. 37, 7 Grad. Tom hielt mir seine Hand an die Stirn. "Leichtes Fieber", meinte er, "ist dir schwindelig oder hast du Kopfschmerzen oder so?" "Mir geht's gut", wiederholte ich. "Du solltest dich ausruhen", sagte er eindringlich, "viel trinken,viel schlafen... denke ja auch nicht dass es so schlimm ist, aber..." "Ist gut", sagte ich trotzig. Er grinste mich an und küsste mich auf den Mund. Ich erwiderte den Kuss. Doch diesmal schien mir seine sonst warmen Lippen eisig zu sein. Ich fröstelte.
"Los husch ins Bett!", sagte Tom lächelnd. Er drängte mich aus dem Badezimmer und marschierte mit mir gradwegs in mein Zimmer. Ich legte mich hin und er setzte sich auf die Bettkante. Er deckte mich zu. "Du solltest schlafen", sagte er, "nachher treffen wir uns ja bei Niels. Ich sag dann bescheid, dass du krank bist, okay?" Ich antwortete nichts und kuschelte mich ein. Ich sollte mir eigentlich besser etwas bequemeres anziehen, doch so, wie ich gerade lag, lag ich so bequem dass ich zu faul war aufzustehen. "Ich geh dann mal", sagte er und ich sah es ihm an, dass er eigentlich lieber bleiben würde. Aber er wusste, dass ich das nicht zulassen würde. Er stand auf und strich mir übers Gesicht. "Ich liebe dich", sagte er, "kurier dich aus." "Ich liebe dich auch", nuschelte ich noch, bevor er aus der Tür ging.
Ich seufzte und rollte mich ein. Vielleicht hatte er recht und ich sollte schlafen. Ich war plötzlich so müde... Ich gähnte. Es war so schön warm in der Decke. Langsam fielen mir meine Augenlider zu.

Ich erwartete fast, wieder zu ertrinken. Ich hatte selten andere Träume in der letzten Zeit. Ich erwartete das viele Wasser. Die Ketten an meinen Händen oder Füßen. Die Algen und Fische im Wasser. Das Licht das von oben ein bisschen schimmert. Doch nichts davon war.
Ich stand barfuß auf einer Wiese. Die Wiese war nass und ich spürte sogar diese Nässe. Diese Feuchtigkeit in der Luft. Die Sonne schimmerte auf die Wiese. Die Bäume auf der Wiese hatten bereits Blätter, der Himmel war leicht bewölkt. Ich lief umher und es war alles still und friedlich. Und doch war es seltsam einsam. Ich hörte einige Vögel zwitschern. Ich entschied mich in irgendeine konkrete Richtung zu laufen. Irgendwann reihten sich mehrere Apfelbäume aneinander, die nicht sehr hoch waren und schon Früchte trugen. Ich lief durch die säuberlich gemachten Reihen. Es machte irgendwie Spaß durch diese Reihen zu laufen. So als ob man in ein Maislabyrinth ging. Nur dass es Apfelbäume waren. Ich verließ wohl irgendwie diese Anbaufläche, denn auf einmal war ich an einer anderen Stelle der riesigen Wiese. Weiße Bettlaken waren an Wäscheleinen aufgehängt, so weit das Auge reichte. Ich fragte mich, wer wohl so viele Bettlaken waschen würde. Beinahe sah es aus wie in einer Waschmittelwerbung. Die Laken wogen sich sanft im Wind.

Doch plötzlich sah ich etwas aufblitzen. Nackte Füße. Sie bewegten sich zügig nach rechts. Ich ging durch einen größeren Seitengang der Wäscheleinen und versuchte die Reihe zu finden, wo sich diese Füße befanden. Wer da wohl war. Plötzlich sah ich Strähnen vom blonden Haar aufblitzen. Doch sie verschwanden wieder irgendwo in den Laken. Ich rannte hinterher, bis ich sie plötzlich sah. Das Mädchen war etwas größer als ich, schlank und hatte eine sehr gute Figur. ihre blonden Haare glänzten in der Sonne. Ich sah sie zuerst nur von hinten. Und schon da fiel mir auf, wie lang ihre Haare waren. Sie gingen ihr fast bis zu den Oberschenkeln und waren zu zwei Zöpfen links und rechts gebunden. Sie trug ein weißes Nachthemd, das ihr bis zu den Knien ging. So ein Nachthemd, das ich auch besaß. "Ähm...", murmelte ich. Sie bewegte sich nicht. Der Wind bewegte ihre Zöpfe leicht hin und her. "Ha... Hallo?", stotterte ich. Sie drehte sich schließlich mit dem Kopf nach hinten. Ihre dunkelgrünen Augen sahen mich belustigt an. "Hi", sagte sie. Doch bevor ich noch etwas sagen konnte wandte sie sich von mir ab und lief davon. Ich blieb stehen. Der Wind wurde plötzlich stärker. Die Bettlaken flatterten und ich versuchte mich aus den Laken zu befreien. Doch alles drehte sich. Mir war plötzlich, als bekäme ich keine Luft. Der Himmel verdüsterte sich. Ich spürte wie ich fiel. Alles schien in Zeitlupe zu geschehen. Alles um mich herum schien sich aufzulösen.
Es wurde kalt in meinem Rücken. Ich hörte ein Aufplatschen. Und dann war ich in meinem alten Traum. Die Ketten jagten mich und banden mich an Händen und Füßen fest. Panisches Ziehen half nichts. Ich ertrank.

1 Kommentar:

  1. Mich würde mal interessieren, ob die Geschichte mehr so in Richtung Fantasy oder keine Ahnung, sowas wie Drama geht.
    Ich verfolge sie jedenfalls noch :)

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