Montag, 17. Dezember 2012

Kapitel 1: Ertrinken

Meine Augen waren weit offen. Ich rang nach Luft und ich hyperventilierte. Ich fühlte mich, als bekäme ich keine Luft. Der nervtötende Lärm meines Weckers übertönte alles. Ich schnappte mir die Papiertüte auf meinem Nachtisch und hielt sie mir über Nase und Mund. Ich atmete ein und aus. Nach und nach wurde mein Atem langsamer, ruhiger, regelmäßiger. Mein Herzschlag raste jedoch immer noch. Ich hörte es in meinen Ohren pochen. Aus Reflex hatte ich meinen Wecker ausgeschaltet, während ich nach der Papiertüte gegriffen hatte.
Ich wurde ganz ruhig. Es war viertel vor sieben.
Ich stand auf, machte mich fertig. Ich nahm meine Schultasche und ging nach unten. Niemand war da. Wieder einmal.

Auf dem Tisch stand jedoch eine Thermoskanne und eine Lunchbox, auf der ein gelbes Post-it klebte.
"Zum Mitnehmen. Guten Appetit!" Daneben war ein Herzchen aufgemalt. Ich seufzte und machte mir schnell ein Leberwurstbrot.
Mein Name war Anzu Perterson. Ich war siebzehn Jahre alt. Und es war wieder einmal so ein Tag, an dem ich das Gefühl hatte, zu ertrinken.
Ich packte nach dem Frühstück meine Lunchbox und die Thermoskanne ein. Für den Fall der Fälle hatte ich außerdem immer eine Papiertüte dabei.
Nur für den Fall... ich zitterte wieder. Ich atmete tief durch und verließ das Haus.

Es war wieder einmal so ein Tag, an dem ich das Gefühl hatte, zu ertrinken.

Ich wusste nicht warum, doch ich hatte öfters so eine Attacke. Ich zitterte dann, mein Herz war am rasen und ich hyperventilierte. Es kam fast jeden Morgen vor. Früher kam es sogar noch öfter vor und ich wies mehr Symptome einer Panikattacke auf. Ich war in klinischer Behandlung, doch selbst die Ärzte hatten keine Ahnung weshalb ich diese ständigen Attacken hatte. Psychische Belastungen, ein Trauma? Ich wusste es selber nicht.

Der Bus fuhr nur alle 30 Minuten und es war viel zu verschneit, um Fahrrad zu fahren.
Ich erwischte den Bus gerade noch. Die Fenster beschlugen und die Heizungen machten die Luft feucht und stickig. Nicht nur ich war auf die Idee gekommen Bus zu fahren. Es war voller als es normalerweise war.
Ich zitterte. Verdammt. Dabei war es doch nur ein Bus. Meine Hand klammerte an einer Stange. So sehr, dass die Knöchel weiß wurden. Mein Herz begann sich unangenehm zusammenzuziehen. Mir wurde schwindelig. Ich sah auf die Anzeige der Haltestellen. Meine Sicht verschwamm mir etwas. Mein Griff wurde  für einen kurzen Moment lockerer und ich taumelte etwas. Ich hielt mich wieder sehr gut fest. Ich atmete tief.
Tiefer als ich sollte.
Mist!
Es fing an. Mit meiner freien Hand griff ich nach meiner Jackentasche. Der Bus schwankte fröhlich vor sich hin. Konnte der Busfahrer nicht etwas gleichmäßiger fahren?
Nur zwei Haltestellen. Nur zwei... ich konnte es doch noch aushalten... oder?
Ich bemerkte, dass ich bereits zu schnell atmete. Der Bus kam zum Stehen. Ich spürte wie die Leute mich anstarrten. Ich hörte dumpf den Laut einer sich öffnenden Tür. Winterliche Kälte brach hinein.
Zitternd taumelte ich hinaus. Meine Knie wurden weich. Einige Menschen gingen hinter mir auch raus. Ich ging ein paar Schritte, bevor meine Beine nachgaben. Ich fiel, landete auf den Knien. Ein Murmeln um mich herum. Glotzen konnten die alle.
Ich nahm meine Papiertüte und hielt sie mir ins Gesicht.
Einatmen.
Ausatmen.
Einatmen.

Montag, 9. April 2012

Prolog

In meinem Traum lag ich in Ketten. Alles war still. Alles war ruhig. Doch erschienen unterdrückte Laute und Knistern im Wasser zu rebellieren. Das Wasser... Das Wasser füllte sich in meine Lungen. Im Wasser war es dunkel, doch ein bisschen Licht fiel gebrochen durch das Wasser. Meine langen schwarzen Haare schwebten schwerelos. Ich trug ein langes ärmelloses Kleid, von dem ich mir fast sicher war, das es weiß war.
War es nur meine Einbildng oder konnte ich das Wasser riechen?
Ich konnte mich nicht bewegen. Meine Augen waren geschlossen und meine Lider wogen schwer. Ich ballte meine Fäuste, versuchte meine Beine zu bewegen. Nur mein linkes Bein ließ sich bewegen.
In meinem Traum lag ich in Ketten. Mein rechter Fuß sowie meine linke Hand war an den Grund fest gekettet. Ich konnte nicht entkommen. Meine Finger tasteten vorsichtig, doch fühlten sie sich taub an. Meine linke Hand traf auf kaltes Metall. Eine weitere schwere Kette, die nach oben führte.
Ich tastete nach oben.
Meine Lungen füllten sich mit Wasser. Doch es war nicht das Wasser das mich störte. Es war nicht das Wasser, das tief in meine Lungen drang, das mich störte.
Ein normaler Mensch würde versuchen zu entkommen, aus dem Wasser zu steigen. Meine Luft wurde mir immer knapper.
Ich... ertrinke.
Es war ein anregenedes Gefühl, eine Panik machte sich in mir breit. Eine Angst zu sterben. Ich erschrak. Ich bewegte mich, griff nach der Kette, doch sie rutschte mir von der Hand. Ich wurde nach und nach nach unten gezogen.
Tiefer, tiefer, tiefer.
Meine Ohren müssten weh tun, doch ich spürte keinen Druck. Mir ging die Luft aus.
Das Licht wurde langsam schwächer. Ich zog zaghaft an den Ketten.
Es waren die Ketten. Wären sie nicht da, würde ich nicht so elendig
ertrinken.